Das kennen Sie bestimmt: Sie werden auf ein Buch aufmerksam und wissen sofort: „Das muss ich lesen. Jetzt! Sofort!“ Weil gerade Monatsende und folglich der Geldbeutel schmal ist, beschließen Sie, das Buch nicht zu kaufen, sondern es in Ihrer Stadtbibliothek zu bestellen. Dort wird Ihr Wunsch gerne aufgenommen und Sie sind schon voller Vorfreude auf die neue Lektüre. „Heute ist Dienstag, na, das wird bestimmt ein schönes Lese-Wochenende“, denken Sie sich, „Kann ja schließlich nicht so lange dauern, das Buch zu beschaffen, in Zeiten des Versandhandels.“
Derweilen wandert Ihr Anschaffungswunsch von der Auskunft (wo Ihr Wunsch entgegengenommen wurde) zum zuständigen Lektor. Der entscheidet, ob Ihr Wunsch angeschafft wird. Ihr vorgeschlagenes Buch passt gut in unseren Bestand, der Lektor leitet also Ihren Wunsch an den Buchhändler weiter. Der Buchhändler hat das Buch leider nicht mehr vorrätig, er informiert den Großhändler. Dieser liefert in der Regel binnen 24 h das Buch an den Buchhändler, der wiederum alle 2-3 Tage uns beliefert. Uff, jetzt ist schon Freitag. Und Sie werden langsam zappelig, weil Sie das Buch doch so gerne am Wochenende lesen wollten.
Doch anstatt Ihnen das Buch aushändigen zu können, läuft es erstmal durch unseren Geschäftsgang: Es wird katalogisiert, damit Sie es in unserem Katalog finden können. Dann wird es technisch bearbeitet: Es erhält eine Signatur, einen Barcode (damit es in unserem System verbucht werden kann) und wird ggf. noch foliert, damit es langlebiger ist. Und weil wir nicht nur Ihr Buch so bearbeiten, sondern alle Medien, die in unseren Bestand neu aufgenommen werden, dauert der Geschäftsgang seine Zeit.
Das Wochenende ist vorrüber und Sie sind verärgert, weil wir Ihnen das Buch nicht aushändigen und Sie es folglich nicht lesen konnten. „Hätte ich mal doch beim Versandriesen bestellt, dann hätte ich das Buch am Mittwoch bekommen und in Ruhe am Wochenende lesen können“, denken Sie sich. Und lassen dabei völlig außer Acht, dass es gute Gründe gibt, warum wir (und viele weitere Bibliotheken) eben nicht beim Versandhandel bestellen: Der örtliche Buchhändler hat räumlich und finanziell ein enges Budget. Er macht sich penibel Gedanken um sein Sortiment und die Präsentation dessen. Der Versandhändler unterhält stattdesen riesige Warenlager. Quasi über Nacht liefert dieser Millionen von Buchtiteln und anderer Artikel aus. Und das gibt Ihnen als Verbraucher das Gefühl, jeden Buchtitel jetzt sofort haben zu können und haben zu müssen. Totaler Blödsinn, wenn Sie mich fragen. Vorfreude auf eine neue Lektüre ist doch genauso schön, wie das Lesen des neuen Schmökers.
Noch ein Gedankenstoß zum Versandriesen: Die Arbeitsbedingungen bei diesem sind sehr fragwürdig, wenn man die etablierte Presse aufmerksam verfolgt. Ein Grund mehr für uns, beim örtlichen Buchhändler zu bestellen. Denn dieser entlohnt seine Mitarbeiter anständig, schickt sie zu Fortbildungen und setzt auf persönliche Beratung. Kein Algorithmus, der Ihnen vorgibt, was Sie interessiert, sondern ein fachlich kompetenter Mensch, der Ihnen Bücher nicht nur vorschlägt, sondern Sie die Bücher auch entdecken lässt.
Übrigens: Der örtliche Buchhändler kann genauso wie der Versandhändler Ihr Wunschbuch über Nacht ordern. Sie müssen nur am nächsten Tag zur Buchhandlung gehen und es selbst abholen (statt wie der Versandriese, der es Ihnen unpersönlich in den Briefkasten steckt).
Fr
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